19.04.2025 | Einkommensteuer und persönliche Vorsorge
Bemessung der Schenkungsteuer bei niedrig verzinsten Darlehen
Im Streitfall zwischen Schwester und Bruder, bei dem ein Darlehen von ca. 1,8 Millionen EUR mit einem Zinssatz von 1 % p.a. gewährt wurde, entschied der BFH, dass die Vereinbarung eines niedrig verzinslichen Darlehens eine steuerpflichtige Schenkung auslösen kann. Der Darlehensvertrag wurde ohne Schenkungsteuererklärung abgeschlossen, und das Finanzamt setzte auf Basis der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz (1 %) und dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % eine Schenkungsteuer von 229.500 EUR an, da der Steuerpflichtige den niedrigeren Zinssatz als Vorteil erhielt.
Das Finanzgericht (FG) bestätigte, dass die Gewährung des Darlehens zu einem niedrigen Zinssatz als freigebige Zuwendung gilt, die nach den Regeln des Bewertungsgesetzes zu bewerten ist. Der Jahreswert des Nutzungsvorteils wurde mit der Differenz zwischen dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % und dem vereinbarten Zinssatz berechnet. Das FG verwarf jedoch die Kreditangebote anderer Banken des Darlehensnehmers als nicht vergleichbar und argumentierte, dass die Zuwendung aufgrund des niedrigen Zinssatzes als unentgeltlich angesehen werden müsse.
Der BFH hingegen stellte fest, dass die Höhe der Bemessungsgrundlage nicht aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz von 1 % und dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % abgeleitet werden kann. Stattdessen wurde der marktübliche Zinssatz für vergleichbare Darlehen im Streitjahr (2,81 %) herangezogen. Die Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und diesem marktüblichen Zinssatz betrug 1,81 % und wurde als Grundlage für die Berechnung der Schenkungsteuer verwendet. Daher setzte der BFH die Schenkungsteuer auf 59.140 EUR fest.
Das Urteil zeigt, dass bei Darlehen mit einem besonders niedrigen Zinssatz der steuerpflichtige Erwerb nicht nur anhand des gesetzlichen Zinssatzes, sondern auch anhand des marktüblichen Zinssatzes ermittelt wird.
Quelle: BFH vom 31.07.2024, Az. II R 20/22, (Vorinstanz FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27.04.2022, Az. 3 K 273/20)
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